Warum es sinnlos ist Verhalten zu bestrafen

Hunde aus dem Ausland, schwierige Hunde, Problemhunde

Foto: Free-Photos auf Pixabay

Ich nehme gerade an einem Workshop zum Thema Trauma teil. Dabei fällt mir auf, wie sehr auch unsere Haustiere von Traumata betroffen sind und wie wenig wir noch darüber wissen, wie wir richtig damit umgehen.

 

Vorab muss man wissen, dass Trauma nicht nur durch aussergewöhnliche Ereignisse wie Raubüberfälle, Verkehrsunfälle, Umweltkatastrophen oder Missbrauch und dergleichen entsteht. Es reicht schon der einfache Umstand, dass wir als Baby schreien und von unserer Mutter nicht gehalten und getröstet werden. Auch unsere weiteren Erlebnisse während wir aufwachsen, haben Einfluss auf unsere psychische und körperliche Entwicklung. Die Einflüsse von kollektiven und transgenerationalen - also über Generationen weitergegebene - Traumata, beginnen wir erst richtig zu verstehen. Mit diesem Wissen wird klar, dass praktisch jeder und jede von Trauma betroffen ist.

 

Natürlich geht es in besagtem Workshop um Trauma bei Menschen. Aber wenn dabei über die Auswirkungen auf unser Verhalten gesprochen wird, fallen mir die Parallelen auf zu unseren Hunden, Katzen und allen übrigen Haustieren, die bei uns Menschen leben. Seit wir uns von unserer Natur entfernt haben und in der sogenannt zivilisierten Welt leben, können wir überall die Auswirkungen von Trauma beobachten. Das gleiche Schicksal widerfährt den Tieren, die mit uns zusammenleben.

 

Kinder und Jugendliche mit schwieriger Vorgeschichte werden irgendwann verhaltensauffällig. Sei es, weil sie in der Schule nicht stillsitzen können (Stichwort ADHS) oder weil sie ihre Mitschüler verbal oder tätlich angreifen. Noch offensichtlicher wird psychischer Schmerz, wenn Kinder sich zurückziehen oder gar depressiv werden. Da besteht kein Unterschied zu unseren Hunden. Genau wie bei einem Kind, äussert sich auch beim Hund seine Vergangenheit früher oder später in seinem Verhalten. Hyperaktivität, bellen aus kleinstem Anlass und Aggressionen sind bei Hunden häufige Erscheinungen.

 

Auch wie wir darauf reagieren ist beim Kind und beim Hund fast identisch. Das Kind muss lernen still zu sitzen und sich anzupassen, für aggressiv ausfälliges Verhalten wird es bestraft und im Extremfall ausgeschlossen und von den anderen getrennt. Zum Glück sind wir heute bei Kindern schon etwas weiter und bemühen uns, ihr Verhalten zu verstehen und echte Hilfe anzubieten. Zu diesem Thema gab es kürzlich den Film „Systemsprenger“ im ZDF, der hoffentlich viel zur Aufklärung dieses Phänomens beitragen wird. Ich fühlte mich sofort auch in die Hundewelt versetzt.

 

Bei Hunden sind wir leider noch nicht so weit. Aggressive Hunde wollen uns mit ihrem Verhalten etwas sagen, werden aber noch häufig völlig missverstanden. Auch Hyperaktivität ist kein schöner Zustand für einen Hund und wird oft mit Freude verwechselt. Wenn wir der Frage nachgehen warum sich ein Tier so verhält, sind wir auf dem richtigen Weg. Und das tun zum Glück immer mehr Menschen, Tendenz steigend. Das Verhalten eines Tieres wird bestimmt davon, wie es sich fühlt. Wenn wir das verstehen wird klar, dass Bestrafung, Unterdrückung und auch Training keine guten Lösungen sind.

 

Dabei reagiert ein Tier (und auch der Mensch) nie auf die aktuelle Situation, sondern auf Erlebnisse und Erinnerungen aus der Vergangenheit. Die dem Verhalten zugrunde liegenden Gefühle zu verändern ist eines der Ziele der Trust Technique. Ohne Altlasten kann ein Tier die Welt sehen wie sie ist, und nicht wie sie durch die Brille seiner Vergangenheit aussieht.

 

Trauma hat nicht nur Einfluss auf unser psychisches Wohlbefinden sondern auch auf unsere Gesundheit. Es gibt Experten die heute davon ausgehen, dass (fast) alle körperlichen Erkrankungen ihre Ursache in Trauma haben. Ich glaube, dass sie richtig liegen, denn es gibt nichts, was unseren Körper mehr vergiftet als negative Gedanken, Gefühle (Schmerz) und schädliche Glaubensmuster.

 

An unseren Traumata zu arbeiten ist deshalb auch eine Investition in unsere Gesundheit und in eine glücklichere Zukunft. Das gilt auch für unsere Hunde. Nur können sie, ohne die Bereitschaft und das Engagement ihrer Menschen, diese Entscheidung nicht treffen und den Weg auch nicht alleine gehen. Wir Menschen haben das Privileg, unsere Tiere auf dieser Reise zu begleiten.

 


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